In einem Standard-Kommentar vom 19.6. d.J. schreibt Nina Hoppe, „Kommunikationsberaterin und Managementconsultant“, über die Kandidatur von Dominik Wlazny alias Marco Pogo zur kommenden Bundespräsidentenwahl und nennt das „demokratiegefährdend“.
Auch befürchtet sie, dass die Wahl zu einer „inhaltlichen (schlechten) Satiresendung wird, in der sich die Herausforderer aus Spaß auf Kosten des Amtsinhabers öffentlich bemerkbar machen.“
Das alles unter der Überschrift:
„Ein Spaßvogel in der Hofburg?“
In den darauffolgenden Artikeln in diversen „Qualitätsmedien“ wird dem Künstler nicht nur unterstellt, dass es durchaus auch um die Vermarktung seines „Turbobiers“ geht, sondern auch, dass die potentiellen Wähler Pogos ohnehin kognitiv nicht in der Lage wären den am Stimmzettel aufscheinenden Dominik Wlazny als das Ziel ihres Begehrens zu identifizieren.
Wobei man in diesem Zusammenhang auch durchaus die Fähigkeiten der Kritikerin in Frage stellen darf/muss.
Auch in der Runde der Chefredakteure vom 3.7.2022 (ORF2) hört man bezüglich der Wahl etwas von Demokratiegefährdung. So z.B. Barbara Toth vom Falter:
„So Figuren wie Marco Pogo – Das wird schon ein bissl ein Test für unsere Demokratie“
Pogo ist also das Problem der österreichischen Politik
Was ich angesichts abgebildeter Personen aber in Zweifel zieh.
Da reden wir jetzt noch gar nicht von Kandidaten wie Grosz, Brunner oder Rosenkranz (mehr dazu hier). Dazu gab es aber keine Kolumnen oder Kommentare irgendwelcher Kommunikationsberater*innen. Aber einen Tweet, in dem Frau Hoppe dem Grosz einen eigenen Stil attestiert.
Alles ganz normal. Die Demokratie in diesem Land ist erst dann wieder in Gefahr, wenn ein Musiker ein Konzert gibt.
Da ist dann Feuer am Dach und die Frau Hoppe nahe am Entrüstungsoverkill.
Wahrscheinlich ist dann auch die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin (36) die in Lederjacke, abgerissener Jean und Boots ein Rock-Festival besucht „demokratiegefährdend“.
Im Gegensatz zu Frau Hoppe halte ich die Kandidatur von Dominik Wlazny nicht für demokratiegefährdend, sondern für einen Dienst an unserer Demokratie. Gilt es doch zu gewährleisten, dass ausser dem aktuellen Bundespräsidenten und obskuren Gestalten vom rechten Rand des politischen Spektrums andere Kandidaten am Stimmzettel stehen und auch Menschen wie ich eine Alternative vorfinden.
Interessant auch, dass der breite Widerspruch den die Aussage von Frau Hoppe auf Twitter hervorrief damit endete, dass die Kommunikationsexpertin die weitere Kommunikation einstellte.
Eine Kommunikationsberaterin, die nicht kommuniziert ist wie ein …
„Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren.“
Paul Watzlawick
Dazu passt auch, dass Harald Walser, ehemaliger Nationalratsabgeordneter (bis 2017) der Grünen, offensichtlich ein Problem mit der Kandidatur des „Spassvogels“ für die Hofburg hat. Der abwertende Ton seiner Kritik für jemanden der Wlazny für einen ernstzunehmenden Politiker hält, ist entlarvend.
Es schaut so aus, als ob die Unterstützer des amtierenden Präsidenten etwas nervös sind und die Contenance verlieren. Diese seltsame Anti-Pogo Kampagne, die vom Van der Bellen-Lager seit einiger Zeit geführt wird scheint von der Sorge eines hohen Ergebnisses für den Demokratiegefährder getragen zu sein.
Ein Grund mehr die Kandidatur von Dominik Wlazny und damit die Vielfalt unserer Demokratie zu unterstützen.
Wüsste ich es nicht besser oder wäre ich ein Verschwörungstheoretiker würde ich behaupten, dass die Nina Hoppe hier eine geniale Wahlkampagne für den Marco Pogo kreiert hat.
Rettet die Wahlen!
In diesem Sinne:
Bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin!
Passt´s auf eich auf und wehrt´s eich!
Bonustrack:
Meine erste Assoziation zur Schlagzeile Spassvogel in der Politik war Jón Gnarr und Reykjavik. Ein Komiker und laut Munzinger-Archiv Bassist der Punkrockband Nefrennsli („laufende Nasen“). Er gründete die „beste Partei“, formulierte abstruse Slogans, gewann die Wahl und regierte vier Jahre als Bürgermeister. Er sanierte die maroden Finanzen der Stadt, verschlankte die Verwaltung, ordnete den öffentlichen Nahverkehr neu. Ein Glücksfall für Islands Hauptstadt wie allgemein anerkannt wurde.
Mehr Punk, weniger Hölle!
Die wichtigsten Wahlversprechen der Besten Partei
- Gratishandtücher in den Schwimmbädern.
- Korruption muss transparent gehandhabt werden.
- Einen Eisbären im Zoo.
- Tatenlosigkeit: «Wir haben ein Leben hart gearbeitet und wollen uns nun vier Jahre gut bezahlt erholen.»
- Ein Disneyland mit wöchentlichem Gratiseintritt für Arbeitslose, «wo sie sich mit Goofy fotografieren dürfen».
- Mehr Nähe zur Landbevölkerung: «Jeder isländische Bauer soll gratis ein Schaf ins Hotel nehmen dürfen.»
- Gratis-Bustickets.
- Ein drogenfreies Parlament bis 2020.
- «Warum die zweitbeste wählen, wenn Sie die beste haben können?»
Nina Hoppe fällt mir hier nicht nur durch eigenwillige Rechtschreibung und unbeholfene Formulierungen auf, sondern gleich zu Beginn durch ein blamables Eingeständnis, dass sie vom Wahlrecht keine Ahnung hat:
„Warum passiv? Er will Kandidat für BP Amt werden“
Ich kenne die Dame nicht, aber sind Sie sicher, dass es sich um eine Kommunikationsberaterin handelt?
Was das Thema betrifft, kann ich die individuellen Vorbehalte gegen die Kandidaten abseits von Van der Bellen und Dominik Wlazny gut nachvollziehen.
Ich teile aber auch die Ansicht, dass Scherzkandidaten gerade in der Hofburg gefährlich werden können. Das Amt des Bundespräsidenten ist nach wie vor mit zu vielen Privilegien gegenüber dem Parlament ausgestattet und das wird in einem Sympathiewahlkampf gerne übersehen. Ob Dominik Wlazny ein Scherzkandidat ist oder eine seriöse Agenda hat, würde ich beizeiten gerne einmal erfahren. Bislang habe ich immer nur gelesen, dass man ihn unterstützen soll und das finde ich ziemlich dürftig.