Wir alle kennen den Satz der Tante Jolesch:

„Gott soll einen hüten vor allem, was noch ein Glück ist.“

Ihr Neffe Franz erzählt von seinem Autounfall mit den Worten: „Noch ein Glück, daß ich mit dem Wagen nicht auf die Gegenfahrbahn gerutscht bin, sondern ans Brückengeländer“

Was die Tante Jolesch eben mit dem berühmten Zitat kommentiert.

Es geht also um das, was grad noch a Glück ist im grossen Unglück.

Weil ja die Frage nach dem Gott, der dieses grosse Unglück abhüten soll, damit wir nicht das kleine Glück brauchen, noch immer unbeantwortet ist, widmen wir uns heute eben dem, „was noch ein Glück ist“.

Jetzt könnt ma also im grossen Unglück der Pandemie ein kleines Glück haben. Also eine fähige Regierung, die umsichtig und vorausschauend agiert und damit das unvermeidbare Unglück so klein wie möglich hält. Wie z.B. Neuseeland. Wobei ich da gerne zugesteh, dass diese Regierung mit der Inselsituation auch von einem „Glück“ profitiert, für das sie nichts kann. Man muss Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern aber zugute halten, dass sie es verstanden hat diesen Vorteil zu nutzen.

Zum Vergleich unsere Situation

Am 1. Juni 2020 gab es in Österreich 2 neue Fälle und einen Tagesinzidenz von 28!

Als Ausgangssituation für ein bissl Glück gar ned amal so schlecht.

Aber – und hier kommt der Header zum tragen – Oft hast a Pech, wennsd grad kein Glück hast.

Wir haben halt Sebastian Kurz und nicht Jacinda Ardern.

Unser Kanzler hatte im Juni eben nicht viel Zeit, sich um die Pandemie zu kümmern.

Da war er nämlich gerade mit dem Ibiza-Untersuchungsausschuss beschäftigt. Oder mit EU-Bashing.

Vor allem aber, war er „frugal“.

Dafür hat er dann im August „Licht am Ende des Tunnels“ gesehen.

Jetzt stellt sich endgültig heraus, das war der entgegenkommende ICE.

Während also der Kanzler mit anderem beschäftigt war und für seine Message-Control dreistellige Millionenbeträge geplant hat, wurde bei der Beschaffung der Impfstoffe gespart.

Nun aber wollen Kanzler und Gesundheitsminister vieles zu den Einkäufen nicht gewusst haben. Das ist umso erstaunlicher, als die EU-Verträge zu den Covid-19-Impfstoffen wohl die wichtigsten sind, die Österreich in den letzten Jahrzehnten ausverhandelt hat.

Ein Kanzler, der über die vielleicht wichtigsten Entscheidungen seiner Karriere nicht Bescheid weiss?

Wie wir aber aus besagtem Ibiza-UA im Juni wissen, hat es unser Kanzler ja nicht so sehr mit dem Erinnern. Es könnte also durchaus sein, dass er jetzt schon wieder vergessen hat, was sich seit dem Sommer bei der Impfbeschaffung so getan hat.

Dem guten Mann kann geholfen werden.

Eine Chronologie:

Immerhin 9 mal war Impfstoffbeschaffung Thema im Ministerrat. Mit dabei der Kanzler.

Am 29.7.2020 wird vom Finanzminister die Kostenobergrenze für die Impfstoffbeschaffung mit 200 Mio Euro festgelegt. Koste es, was es wolle!

Zur Erinnerung – die Lufthansatochter AUA wurde (ohne die Kosten für Kurzarbeit) mit 450 Millionen Euro „gerettet“.

Am 15. 9. wird von der Regierung auf der Einhaltung der Kostendeckelung bestanden.

Am 24. 9. berichtet die EU-Kommission wie die Einrichtung des Steuerungsgremiums, die Verteilung der Impfdosen und die Option des Ankaufs von weiteren Impfdosen aussehen soll. Auf der Homepage heißt es:

„Alle Mitgliedstaaten haben das in der Impfstoffstrategie dargelegte Konzept gebilligt und eine Vereinbarung über ihre Umsetzung unterzeichnet. Somit sind alle Mitgliedstaaten im Lenkungsausschuss vertreten, der alle Aspekte der vertraglichen Abnahmegarantien für Impfstoffe vor der Unterzeichnung erörtert und überprüft.

Falls eine Abnahmegarantie den Mitgliedstaaten lediglich die Option einräumt, zu einem späteren Zeitpunkt Impfstoffdosen anzukaufen, kann die Kommission sie genehmigen und direkt mit dem betreffenden Unternehmen unterzeichnen. Die Mitgliedstaaten können dann zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden, ob sie von dieser Option Gebrauch machen wollen. Der Ankauf der Impfstoffe – sobald sie verfügbar sind – liegt in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten.“

Am 15.10. wird das Budget 2021 dem Nationalrat vorgelegt. Erstaunlicherweise sind dort nur € 120 Mio als Kosten für die Corona-Impfstoffe vorgesehen.

Am 16.12. verkündet der Kanzler, dass er direkt mit Pfizer telefoniert und zusätzliche 900.000 Impfdosen erkämpft hat. Vom Krankenbett aus!

Am 7.1.2021 entmachtet Kurz Gesundheitsminister Anschober und macht Impfen zur Chefsache. 

Am 8.1. sind auf der Homepage der EU-Kommission die Opt-Out-Details nachzulesen:

Am 19.1. informierte Gesundheitsminister Rudi Anschober im Ministerrat alle Regierungsmitglieder von der Vorgehensweise bei der Beschaffung. Auch, dass unterschiedliche Länder abweichend vom Bevölkerungsschlüssel unterschiedlich viel Impfstoff abrufen, wusste Kurz spätestens seit diesem Datum.

Am 20.1. teilt Anschober per Originaltextservice mit, dass Österreich „seinen vollen Anteil aus dem zweiten Vorverkaufvertrag“ der EU-Kommission über 200 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer in Anspruch nehmen werde, denn: „Diese Gesamtmenge dient dabei als Beschleunigungsfaktor, da ein großer Teil dieser Menge nur dann bereits im zweiten und dritten Quartal 2021 geliefert wird, wenn die maximal mögliche Gesamtmenge in Anspruch genommen wird.“

Am 10.2. wurde im Ministerrat der Kostendeckel für die Impfstoffbeschaffung auf 388 Millionen erhöht. Zu spät: die Kontingente bei Moderna, Pfizer und auch Johnson&Johnson wurden nicht voll ausgeschöpft.

Am 12. 3. gibt Kurz jene Pressekonferenz in der er die Flucht nach vorne antritt und beschuldigt erst die EU und in weiterer Folge Gesundheitsminister und Beamte für eine „unfaire“ Verteilung von Impfdosen verantwortlich zu sein.

Am 16.3. veröffentlicht DerStandard eine Recherche: Nicht nur bei Pfizer und Moderna hat die Regierung zu wenig bestellt. Auch beim Impfstoff von Johnson & Johnson wurde die mögliche Bestellmenge nicht geordert. Es wurden nur 2,5 Millionen von knapp vier Millionen verfügbaren Dosen von Johnson & Johnson abgerufen.

Am 17. 3. beharrt der Kanzler im grossen ZiB2-Interview auf seinen Aussagen bis vor einigen Tagen von nichts gewusst zu haben. Und er betont nochmals deutlich:

Sein Fokus sei es gewesen, eine faire Verteilung für Bulgarien hinzubekommen.

Diese Sorge um die Menschen in Bulgarien ist erstaunlich.

Die Regierung Kurz I hat im Nationalrat die Indexierung der Zahlung österreichischer Familienbeihilfen an Kinder im EU- und EWR-Ausland ab 2019 beschlossen. Daten des Familienministeriums zeigen, dass Kinder in Bulgarien, deren Eltern in Österreich arbeiten, am stärksten von diesen Kürzungen (eine Reduktion um 55 %)  betroffen sind.

Und damit sind wir wieder bei der Tante Jolesch:

Gott möge abhüten, dass einem der Kurz was gutes tun will.

In diesem Sinne:

Bleibt´s xund und losst´s eich nix gfoin!

Passt´s auf eich auf und wehrt´s eich!

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