Worüber die Öffentlichkeit in Österreich diskutiert:

Burkas und Kopftücher, Flüchtlinge und Asylanten, die Regierung und CETA, Tschetschenen und Gewalt, Soros und Erdogan, linke Zecken und rechte Nazis.

In Deutschland verlaufen die öffentlichen Diskussionen ähnlich mit artverwandten Themen.

Weltweit steht Trump und die US-Botschaft in Jerusalem oder sein jetzt-doch-nicht-Treffen mit Kim, der Iran und der Krieg in Syrien im Focus der Aufmerksamkeit.

Ein Aufreger jagt den anderen. Die Emotionen schaukeln sich hoch.

Wir reden vielleicht auch noch über Digitalisierung und Robotik und was das für die Zukunft der Arbeit bedeutet. Wir reden vielleicht auch noch über Multinationale Konzerne wie Apple, Facebook oder Google und was mit unseren Daten passiert, empören uns über Nestle und Monsanto und kämpfen gegen den Klimawandel.

Alles wichtig.

Alle sind irgendwie beschäftigt und abgelenkt.

 

Still und leise, ohne von der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden, übernimmt zwischenzeitlich der weltgrösste Finanzkonzern die Weltherrschaft.

Den 16. Januar 2018 werden viele Top-Manager so schnell nicht vergessen. An diesem Tag erhielten die Chefs fast aller Weltkonzerne in Europa und Amerika den gleichen Brief. Und der Absender aus New York schrieb in einem Ton, den die Mächtigen der globalen Wirtschaft nicht gewohnt sind.

Die „Besitzer von Kapital haben seit der Finanzkrise enorme Gewinne eingestrichen“, und „gleichzeitig müssen viele Menschen mit geringem Lohnwachstum und unzureichender Altersvorsorge leben“, hieß es darin. „Diese Trends sind die wesentliche Ursache für die Angst und die Polarisierung, die wir in der ganzen Welt beobachten“, beklagte der Autor und forderte radikale Veränderungen. Der „finanzielle Erfolg“ reiche nicht mehr, um Unternehmen zu erhalten. Vielmehr sollten sie auch „einen sozialen Zweck“ erfüllen, schrieb er. Sie müssten „allen einen Nutzen bringen, Ihren Aktionären genauso wie Ihren Angestellten und Kunden. Andernfalls würden sie „Ihre Existenzberechtigung verlieren. Wir werden die Verantwortung wahrnehmen, diesen Wandel voranzutreiben“, kündigte der Briefeschreiber an.

 

Der Brief kam von Laurence „Larry“ Fink, CEO von BlackRock, dem größten Finanzkonglomerat der Welt.

 

Aber bevor wir uns Larry Fink und BlackRock genauer ansehen einige Fakten um Relationen besser einschätzen zu können.

 

Österreichs Banken steigerten den gemeinsamen kumulierten Gewinn 2017 auf 6,6 Milliarden Euro.

Den Gewinnanstieg ausgelöst haben unter anderem geringere Risikokosten und der Wegfall der Bankenabgabe.

 

Das österreichische BIP (das Bruttoinlandsprodukt errechnet sich als Summe der Bruttowertschöpfung aller Wirtschaftsbereiche zuzüglich des Saldos von Gütersteuern und Gütersubventionen) 2017 lag bei 369,22 Milliarden Euro.

 

Das Finanzvermögen der Österreicher stieg im Vorjahr um 3,3 Prozent auf 646 Milliarden Euro.

 

Das deutsche BIP betrug im Jahr 2017 3.263,35 Milliarden Euro.

 

BlackRock verwaltet ein Finanzkapital von 6.300 Milliarden Dollar.

 

Also ca das 15fache der österreichischen und knapp das doppelte der deutschen Wirtschaftsleistung.

 

Wer also ist dieser Larry Fink und was ist BlackRock?

 

Der 65jährige „Larry“ vermittelt den Eindruck eines Durchschnittsbürgers. Aber wenn Fink Europa bereist, wird er empfangen wie ein Staatsgast. Gleich ob in Rom, Paris, Den Haag oder Athen, der Herr über die Billionen hat stets ein Rendezvous mit dem Staatschef persönlich. „In den letzten paar Wochen hatte ich Treffen mit vier Staatschefs“, prahlte Fink im April 2017 beim Wirtschaftssender Bloomberg TV.

 

BlackRock, ist ein globaler Geldriese mit Kunden in 100 Ländern und

– untergräbt als allgegenwärtiger Großaktionär den marktwirtschaftlichen Wettbewerb;
– arbeitet so eng mit Aufsichtsbehörden und Regierungen zusammen, dass die Grenzen zwischen privatem Kapital und dem Staat verschwimmen;
– treibt die Privatisierung der Altersvorsorge voran, um Sparkapital in seine Fonds zu lenken;
– und verfügt über ein starkes Netzwerk politischer Verbindungen, das einer möglichen Regulierung entgegensteht.

 

BlackRock ist eine Schattenbank und diese sind eine Quelle für Kapital. Hedgefonds zum Beispiel können Kredite gewähren oder für Unternehmen Anleihen begeben, die sich viele Gläubiger, die Anleihekäufer, teilen. Auch BlackRock-Fonds, die solche Anleihen halten, gehören zum Schattenbanksektor. Neue Regeln nach dem Finanzcrash 2008 haben zwar die Banken etwas sicherer gemacht, aber die Risiken seien in einen anderen Teil des Finanzsystems gewandert. Und Schattenbanken müssten im Gegensatz zu Banken nicht einmal Reserven für Notfälle bereithalten.

 

BlackRock unterhält in Brüssel eine bestens ausgestattete Vertretung mit einem Budget von 1,5 Millionen Euro pro Jahr.

So winkt demnächst auch ein weiterer Jackpot auf Fink. Mit der geplanten Einführung von pan-europäischen Pensionsfonds und der Privatisierung der Altersvorsorge. Schon bisher die wichtigste Quelle für BlackRocks Aufstieg. EU-Kommissar Dombrovskis will die zugehörigen Fonds nun von den Arbeitgebern lösen. Die Sparer sollen individuell über die Anlage entscheiden, und BlackRock könnte mit Kampfpreisen einen weiteren Billionenmarkt aufrollen. Ein Pilotprojekt für das Vorhaben gibt es bereits. Der von der EU-Kommission geförderte Fonds „Resaver“ bietet eine Altersvorsorge für Wissenschaftler. Das Anlagemanagement ging prompt an BlackRock.

Mit diesem Hintergrund erscheinen auch die Privatisierungsbestrebungen der österreichischen Bundesregierung bei Sozial- und Pensionsvorsorgen in einem anderen Lichte.

Die letzte Aktivität des Finanzriesen in Österreich war der Einstieg beim Stahlkonzern voestalpine.

 

BlackRock ist Großaktionär bei den Finanzriesen JPMorgan Chase, Bank of America und Citibank. Es hält maßgebliche Anteile an Rüstungs- und Ölkonzernen. Und natürlich kontrolliert BlackRock Aktien von Apple, McDonald’s und Nestlé.

Wenn also in Deutschland Autos vom Fließband rollen, amerikanische Forscher Medikamente entwickeln, Bergleute in Brasilien Erz abbauen oder Arbeiter in Malis Goldminen schuften, dann profitieren BlackRocks Fonds. Deren Kunden sind Pensionskassen, Stiftungen, Versicherungen und Staatsfonds, etwa die Pensionskasse der Londoner U-Bahn und Alaskas Ölfonds. Sie alle vertrauen BlackRock ihr Geld an, auf dass der Konzern es durch Anlagen in Wertpapieren, Immobilien, Fonds oder Farmland mehre.

Doch BlackRocks Einfluss geht über solche Beteiligungen hinaus: Fink und seine Leute beraten Finanzminister und Dutzende Notenbanken – darunter auch die Europäische Zentralbank. Kurz gesagt: Keine Regierung, keine Behörde hat einen so umfassenden und tiefen Einblick in die globale Finanz- und Firmenwelt wie BlackRock.

 

Als Beispiel für die Arbeitsweise von BlackRock dient die Staatsschuldenkrise Griechenlands.

Dort operierte das Team zunächst klandestin. Unter dem Decknamen „Solar“ bezog Finks Eingreiftruppe ein Büro in einem schäbigen Athener Viertel, die Mitarbeiter wurden angewiesen, keine Logos der Firma zu zeigen. Umgeben von Strip-Clubs und ausgebrannten Ruinen prüften die Berater die Daten aller 18 griechischen Banken und formulierten den Plan, wie sie fusioniert werden sollten. Die Prüfung der daraus entstandenen vier Großbanken vergab die griechische Zentralbank 2013 erneut an „BlackRock Solutions“ und genauso 2015 den Auftrag für die Abwicklung von deren faulen Krediten. Im Juli 2015 kam heraus, dass BlackRock griechische Schuldtitel zu Niedrigstpreisen gekauft hatte. Mit der Firma Artum investierte der Konzern auch in das Immobiliengeschäft, das mit der erzwungenen Privatisierung des Staatsbesitzes in Schwung kam. Passend dazu wechselte ausgerechnet Paschalis Bouchoris, der Leiter des damit beauftragten staatlichen Fonds, auf den Chefposten der griechischen BlackRock-Tochter. All das geschah unter Aufsicht der Beamten von EU-Kommission und EZB, die ansonsten mit eiserner Hand jeden Schritt der Athener Regierung kontrollieren.

 

Ein weiteres Indiz für die versteckte Macht des Konzerns in der Finanzbranche ist auch der Erfolg beim Verkauf des elektronischen Analysesystems Aladdin, über das Anlage-Manager ihre Portfolios testen und ihre Deals abwickeln.

https://www.youtube.com/watch?v=Lzn2Av6QHK4

 

Das klingt harmlos, doch mit keinem Fangarm durchdringt BlackRock die Weltwirtschaft tiefer als mit diesem. Denn Aladdin ist längst ein eigener globaler Organismus. In den USA läuft dafür ein mehr als 6000 Rechner starker Serverpark. Schon mehr als 200 Finanzinstitutionen aller Art nutzen das System, darunter sogar direkte Wettbewerber des Konzerns wie die Deutsche Bank und die französische BNP Paribas, die wiederum BlackRock zu ihren wichtigsten Aktionären zählen.

Mit jedem neuen Kunden fließen BlackRock mehr Informationen zu, die dem Konzern einen gigantischen Datenschatz zum Geschehen auf den Finanzmärkten verschaffen. Schon werden weltweit mehr als 20 Billionen Dollar Vermögen mit dem System verwaltet, und die Summe wächst jedes Jahr um mehr als zehn Prozent.

 

Bei mehr als 90 Prozent aller Aktionärsbeschlüsse folgen die BlackRock-Verteter denn auch einfach nur dem Vorschlag des jeweiligen Managements, geht aus der konzerneigenen Statistik hervor. Und wenn nicht, dann stellt sich das Unternehmen nur gegen die Abwehr feindlicher Übernahmen oder gegen überhöhte Gehälter. Die „stakeholder“ dagegen, die Beschäftigten und Kunden, von denen Fink schrieb, kümmern den Aktionär Blackrock nicht. Sichtbar wird das etwa im Fall der geplanten Fusion der deutschen Linde AG mit dem US-Konkurrenten Praxair, wo Blackrock auf beiden Seiten große Aktienpakete hält. „Davon profitieren nur die Aktionäre“, berichtet Gernot Hahl, der Vorsitzende des Konzern-Betriebsrats bei Linde. „Für unsere Leute wird das sehr bitter“, sagt er. Obwohl Linde ein gesundes Unternehmen ist, sollen allein in Deutschland 5000 Arbeitsplätze gestrichen werden. Die in Deutschland geltende Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat wollen die Manager auch gleich abschaffen. Dafür wird die Firmenzentrale nach Irland verlegt. Für den Aktionär BlackRock ist all das jedoch kein Thema.

 

Rufen wir uns Finks Brief vom Jänner dieses Jahres nochmals in Erinnerung. Was ist vom „sozialen Unterton“ in diesem Schreiben zu halten? Ist das mehr, als nur ein PR-Gag?

Da unterscheidet sich das Tun doch ganz offensichtlich von der gelebten Praxis.

Die Interessen der Beschäftigten zählen für BlackRock wenig. Dass wurde auch bei einer Anhörung im britischen Parlament deutlich, als die Regierung erwog, nach deutschem Vorbild Vertreter der Arbeitnehmer in die Aufsichtsräte wählen zu lassen. Dagegen führte ein Konzernvertreter das krude Argument an, es gebe „keinen Beleg dafür, dass die Präsenz von Arbeitnehmervertretern zu besseren Entscheidungen geführt haben, und wir haben Beispiele von Wertminderung trotz der Anwesenheit von Direktoren der Angestellten“. Wirklich ernst ist es Fink mit dem Engagement gegen die Ungleichheit also offenbar nicht. „Am Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit muss sich nichts ändern, das wird nicht passieren“, bekannte er jüngst ganz offen.

 

Als vor zehn Jahren die Hypothekenkrise im Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers gipfelte, schien das der Höhepunkt und gleichzeitig das Ende der Dominanz des Finanzkapitalismus. Doch der Aufstieg BlackRocks macht klar, dass es lediglich der Beginn eines neuen Kapitels war. Mit dem Ziel die Welt zu beherrschen.

 

Davor sollten wir uns fürchten!

 

 

Ergänzung Jänner 2020

Black Rock´s Fink schreibt blauen Brief mit grüner Tinte

 

Es gibt wieder einen „blauen“ Brief von Larry Fink, CEO von Black Rock, an seine Schäfchen. „Fink for Future“. Er macht aber deutlich: „Ich habe diesen Brief nicht als Umweltschützer geschieben, sondern als Kapitalist.“

In seinem Brief mahnt er die grossen Konzerne zum Öko-Denken.

Sein Aufruf liegt im Trend. „Mehr und mehr Menschen glauben an den Klimawandel. Mehr und mehr Menschen sorgen sich um ihre Portfolios. Und wie sie sich über die nächsten zehn Jahre entwickeln“, sagt er.

Es geht also nicht um die Rettung der Welt, sondern um die Rettung des Kapitals. Die Läuterung vom Saulus des Kapitalismus zum Paulus des Umweltschutzes würde ihm ohnehin niemand abnehmen.

Es handelt sich einfach nur um eine neue Werbestrategie, die an der Wall Street um sich greift.

Grünes Marketing im Sinne der Gewinnmaximierung.

Grund:

Eine neue Generation von Investoren sucht nach nachhaltigen Anlagemöglichkeiten für die geerbten Vermögen. Sauber, umweltfreundlich, politisch korrekt.

Fonds in diesem Segment haben sich im vergangenem Jahr im Wert verdreifacht.

Das Gesamtvolumen liegt aber dzt. nur bei 20 Mia Dollar.

Zum Vergleich:

Black Rock verwaltet Investitionen in der Höhe von etwa 7.000 Millliarden Dollar – das BIP Deutschlands lag 2019 mit rd. 3,44 Billionen Euro etwa bei der Hälfte.

Black Rock gehört zu den größten Besitzern von Aktien der Öl- und Gasriesen. Darunter BP oder Royal Dutch Shell. Noch im August des Vorjahres hat sich Black Rock optimistisch zu Investitionen im Ölgeschäft geäußert. Die Produktion müsse steigen. Die Investitionen auch. Warum sollte man also jetzt diesem Sinneswandel Glauben schenken?

 

Reicht es, wenn etwa die Investorengruppe Climate Action 100+ (370 Investoren mit einem Gesamtvolumen von mehr als 41 Billionen Dollar), zu der auch Black Rock gehört, vorgibt die großen Umweltverschmutzer dazu bringenzu wollen, weniger schädliches Treibhausgas auszustoßen.

 

Sind das eventuell nur Marketingaktionen um sich einen „grünen Anstrich“ geben. Etwa wenn Coca-Cola einen Teil seiner Einwegflaschen aus Meeresplastik herstellen oder die britische Airline Easyjet die CO2-Emissionen ihrer Flüge ausgleichen will.

Der Verdacht des „Greenwashing“ ist mehr als begründet.

Ebenso wie die Feststellung, dass der Geschäftssinn dieser Konzerne sich nicht von einer neuen  Umweltfreundlichkeit zur Rettung der Menschheit vor der Klimakrise hinreissen lässt.

Oder nur dann, wenn damit viel Geld verdient werden kann.

 

 

 

 

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